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Erstellt von T. Gentsch | News

COS Cup Rust | Die deutsche Meisterschaft im Skateboarding 2017


Jost Arens ist neuer deutscher Meister

Es ist gefühlt nur ein paar Wochen her, dass ich Sascha Scharf auf dem Siegertreppchen in Aurich fotografierte. Gerade hatte er den ersten Stop der diesjährigen COS Cup Serie in Deutschlands größter Skatehalle gewonnen, die Sektkorken knallten und ich erhoffte mir ein besonders spannende Serie im Jahre 2017. Um es gleich vorweg zu nehmen - die Hoffnungen wurden erfüllt und zwar auf ganzer Linie wie es sich zum 20jährigen Jubiläum gehört. Schon beim zweiten Event auf der Passion Sports stand mit Mike Brauer ein Fahrer auf dem Treppchen, den man dort eher selten sieht und auf den Ruhrgames schaffte es Alex Mizurov "nur" auf den vierten Platz. Soviel zum Thema "am Ende gewinnt eh Mizze". Spätestens in Köln wurde zudem deutlich, wie hoch das Level mittlerweile auch bei den Frauen ist und so stand einem glorreichen Finale mit einem äußerst bunt gemischten und hochkarätigen Fahrerfeld nichts mehr im Weg. Und dann kam Olympia.

Fotos & Text: T. Gentsch

Als vor ein paar Wochen eine Rundmail alle Fahrer und Beteiligen erreichte, glaubten Viele ihren Augen nicht zu trauen. Doch da stand es, schwarz auf weiß: Ab sofort kann es im Skateboarding Dopingkontrollen geben! Schon zu Beginn des (Contest-) Jahres hatte man hier und da mal etwas diesbezüglich gehört, es allerdings eher in die Nische "was´n DAS für Bullshit?" geschoben. Jedenfalls ich. Allerdings war die Mail alles andere als Bullshit. Vielmehr wies sie die Fahrer explizit nochmal darauf hin, dass sie im Falle einer positiven Dopingkontrolle eine Sperre von 4 Jahren erhalten und somit von den olympischen Spielen ausgeschlossen würden. Eine Strafe käme zwar nur auf sie zu, würden sie das (positive) Ergebnis anfechten, aber es bleibt "n Gschmäckle", wie der Schwabe sagen würde.

Und so, dass muss man einfach feststellen, beginnt das Thema Olympia die deutsche Meisterschaft im Skateboarding langsam aber sicher zu beeinflussen. Als es vor etwa 5 Wochen an den Haustüren von Tom Kleinschmidt und Flo Westers klingelte, stand vor ihnen nicht der UPS-Mann, sondern ein Dopingkontrolleur! Und das 3 Jahre vor den olympischen Spielen! Das muss man sich erstmal "auf der Zunge zergehen lassen".Vor allem wenn man bedenkt, wie viele deutsche Starter mutmaßlich an selbigen teilnehmen werden. Denn, bei 20 Startern (Street), die weltweit ausgewählt werden, bzw sich auf "ihrem" Kontinent qualifizieren müssen (also 4 Europäern), ist die Chance, dass auch nur EIN deutscher Teilnehmer dabei sein wird, geradezu verschwindend gering. 

Verschwindend gering war dann auch die Lust einiger Qualifikanten, an der deutschen Meisterschaft in Rust teilzunehmen. Vor allem weil im Vorfeld kommuniziert wurde, dass es im Rahmen des Finales auf jeden Fall Kontrollen geben würde. So blieben einige Titelkandidaten von vorhinein zu Hause, und zwar genau die, die eben nicht "immer das Selbe" im Run machen, sondern eine Crowed auch mal zum kochen bringen können. Auf gut deutsch: Die, die alle sehen wollen, sind nicht gekommen. Stattdessen sah man einige andere "neue Gesichter"; oder sagen wir besser ältere Herren. Einen von denen hatte ich schon in Köln gesehen, wo er sich Unterschriften von Fahrern geholt hatte. Unterschriften, mit denen die Jungs bestätigten, sich den Regeln des DRIV zu unterwerfen, was logischerweise auch Dopingkontrollen mit einbezieht.

3 Jahre vor den olympischen Spielen zieht die deutsche Meisterschaft im Skateboarding also urplötzlich wieder eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen an. Menschen die meinen, unfassbar wichtig und bedeutend für Skateboarding in Deutschland zu sein, die sich als "die wahren Strippenzieher" sehen und im Zweifel auch keine Probleme damit haben, in ein frisch gemachtes Bett ein Häufchen zu legen. Diese Leute haben sich über 20 Jahre lang nicht mit (Contest-)Skateboarding in Deutschland befasst, wissen aber dennoch natürlich ganz genau, was im (Contest-)Skateboarding hierzulande so alles falsch gemacht werde.

Die COS-Cup Serie feiert dieses Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum und als ebensolanger Begleiter selbiger kann ich wohl behaupten, mich ein wenig auszukennen. Gleiches gilt für die Jungs von der Organisation, die Rampenbau-Crew, die Judges, und alle Anderen, die sich seit Jahrzehnten(!) den Arsch für diese Event-Serie aufreissen. Und auch wenn konstruktive Kritik in der Tat grundsätzlich nie schaden kann, entbehrt sie doch jeder Grundlage wenn sie von Leuten, oder Herren kommt, die zum ersten Mal seit 20 Jahren auf einem solchen Street-Contest sind.

Wobei, die Dinge, die mir da zu Ohren gekommen sind, bringen mich eher herzlich zum Lachen, als dass sie mich aufregen. Also, im Ernst. Wenn man hört, das scheppernde Metallauffahrten angeblich den Fluss des Skatens stören, dann würde ich gerne mal sehen, wie man ohne Selbige überhaupt eine Rampe hochfahren soll!? Biertrinkende und Rauchende Skater vor der Halle machen angeblich einen schlechten Eindruck, allerdings muss man sich fragen "für wen eigentlich"? Richtig, für genau DIE "offiziellen", die auf einmal wieder meinen, ein Zepter in der Hand halten zu müssen. Die meinen, man müsse Vertreter von Organisationen wie dem DOSB ein ach so perfektes sportliches Bild vermitteln. Wake up, it´s Skateboarding!

Allen anderen ist es herzlich egal, das behaupte ich jetzt einfach mal. Ein Badminton-Spieler wird sich eher selten auf einen Skateboard-Contest verirren und schaut man mal auf andere "Sportarten", zum Beispiel Fussball, sieht es dort doch auch nicht anders aus. Was da vor den Stadioneingängen gesoffen und geraucht wird und zudem nicht selten in Gewalt endet, braucht man wohl niemandem zu erklären. Aber bei den Skatern, da kommt es auf einmal auf "den Eindruck den sie machen" an?! "Yeah right" ist das Einzige, was mir an dieser Stelle einfällt.

Warum haben wir zu irgendeinem Zeitpunkt im Leben eigentlich angefangen zu Skaten und auch auf Contests zu reisen? Zu über 90% sicher nicht aus dem Grund, dass wir uns auf "regulierten Wettbewerben" um die vorderen Plätze streiten. Ein Contest war, seit ich denken kann, immer die beste Gelegenheit, alte und neue Freunde zu treffen, sich auszutauschen, zusammen zu feiern, verrückte Sachen zu erleben und ohne (elterliche) Regularien die eigenen Grenzen auszuloten. Skateboarding steht dabei zwar nach wie vor im Vordergrund, allerdings nicht der Wettbewerbsgedanke.

Zu seinem 20 jährigen Jubiläum kann man dem COS ganz besonders unter den zuvor genannten Gesichtspunkten gratulieren. Der hat es nämlich auf geradezu magische Weise geschafft, einen Spagat zwischen "offiziellem, vereinsgesteuerten" Skateboarding und "core" Skateboarding zu vollführen. Befragt man die Starter, was denn das Geilste an einem COS-Cup ist, steht "Ralles-Zapfanlange" ganz oben auf der Liste; sie ist quasi ein Kulturgut. Und wenn ich die letzten 20 Jahre Revue passieren lasse, kann ich mich an keinen COS Event erinnern, bei dem etwas "gehörig schief gelaufen ist". 

Es bleibt also am Ende die Frage, wie viel Wettbewerb, wie viel "sauberen Sport", wie viel Olympia Skateboarding und seine Akteure überhaupt wollen!? Skateboarding ist eben nicht nur Sport, sondern eine Lebenseinstellung. Und eine Lebenseinstellung mit Dopingkontrollen zu regulieren funktioniert einfach nicht. Auf deutscher Ebene war dies auch 20 Jahre lang kein Thema - bis eben Olympia kam.

Sicher kann man jetzt sagen "dann müssen diese Leute eben zuhause bleiben". Aber wäre das nicht eine größere Wettbewerbsverzerrung als das eigentliche "Doping"? Denn, um das Kind mal beim Namen zu nennen, es geht hier nicht um leistungssteigernde Substanzen, wie man sie zum Beispiel im Radsport vorfindet, sondern einzig und alleine ums Kiffen. Und wenn einige der besten deutschen Skater eben gerne mal Einen rauchen, deswegen aber nicht mehr an einem Contest teilnehmen können, ist das einfach unbefriedigend. Sowohl für die Fahrer selbst, als auch für die Zuschauer. 

Betrachten wir den diesjährigen Contest, also die offizielle Deutsche Meisterschaft im Skateboarding, bekamen die Zuschauer dennoch verdammt gutes Skateboarding zu sehen. Das zog sich durch alle Gruppen und es ist schon bemerkenswert, wie viele Stay-On Runs dem Publikum geboten wurden. Und wie viel Skateboarding überhaupt. Denn neben dem COS-Finale gab es auch noch das Finale der Titus Locals Only Competition, zu dem erstmals auch eine Ladys Division geladen war. Hier beeindruckte die erst 16jährige Rosa Altmann aus Stuttgart, der an dieser Stelle schonmal eine große Zukunft auf dem Board vorrauszusagen ist. Stay-On mit Kickflips, Fs Shove-Its und No Complys in der Quarter muss man erstmal nachmachen!

Unter den 5 männlichen Locals Only Finalisten setzte sich mit Christopher Hellstern quasi ein Local durch. Der Freiburger fiel das gesamte Wochenende durch sehr cleanes und konsistentes Skateboarding auf und auch er hatte einen Stay-On Run im Finale. Lars Billekens und Christoph Dierker folgten auf den Plätzen 2 und 3 und hätten vom Potential her sicher auch Chancen auf denh Sieg gehabt - aber eben einen Bail zu viel.

Mit Filip Labovic gewann bei den Ü30igern sogar ein Ü40 Jähriger, der mit seinem Run auch in der Pro-Divison eine gute Figur abgegeben hätte. Bei Filip passte einfach alles perfekt zusammen, sei es ein Bs 360 Ollie in der Quarterpipe oder ein Sw Heelflip über die Hip; will sagen, genau die richtigen Tricks an den passenden Obstacles. Bei den Ladys gab es erneut nahezu fehlerfreie Runs zu bestaunen und Jennifer Schneeweiß streute sogar einen Sw Kickflip im Flat in ihren Run mit ein. Das verdient besondere Beachtung (da eine große Möglichkeit zu bailen besteht) und somit landete sie völlig verdient auf dem 1. Platz.

Als letztes stand die A-Gruppe oder wie es heutzutage heißt, die Pro-Division an. Hier hatten sich mit Adrian Hirth und Benedikt Schmidt auch zwei (relative) Außenseiter für das Finale qualifiziert. Sie sahen sich Alex Mizurov, Denny Pham und Jost Arens gegenüber und man konnte nach dem ersten Teil des Finales, also den 45 sekündigen Runs, nicht eindeutig sagen, wer am Ende die Nase vor haben würde. Im organised Jam kristallisierte sich dann allerdings schnell Jost Arens heraus, der mit einem Alley Oop Fs 180 to Sw Bs 50/50 und einem Bigspin Fs Boardslide am großen Rail die Sache für sich entscheiden konnte. Wir gratulieren an dieser Stelle ganz herzlich dem Team Titus Rider zum deutschen Meistertitel und freuen uns schon auf den ersten Event im nächsten Jahr. Der findet schon im Januar 2018 statt und betritt mit der neuen Halle in Oldenburg ein äußerst frisches Parkett. Bis dahin und... bleibt sauber!

Stuff von Jost Arens bei Titus: