Rügen, die größte und bevölkerungsreichste Insel Deutschlands, beherbergt nicht nur die mitunter schönsten Badestrände der Republik, sondern auch eine lebhafte Skateszene. Mit dem 2002 gegründeten Verein „Rügen rollt e.V.“ schuf die damals noch sehr überschaubare Szene in den letzten Jahren eine „Oase alternativer Jugendkultur auf der Insel“; eine Definition die kaum treffender sein könnte. Als ich „die Insel“, wie sie von den Rüganern nur genannt wird, 2004 zum ersten Mal im Rahmen eines Skatetrips bereiste, war ich sofort verliebt. Das lag zum einen an der Gastfreundschaft der OG Locals Christoph Eder, Flo Werbke, Thomas Woller und Eric Jesche und zum anderem an dem Charme, den die (Street-) Spots, die Landschaft und die „Ostseebäder“ versprühten. Der Skatepark bestand damals noch aus einigen wenigen Holzrampen, die allerdings, das war damals schon klar, irgendwann einem Supermarkt werden weichen müssen. Jedoch, mit einem Verein im Rücken kann man um einen Platz zum Skaten kämpfen, und so eröffnete 2015 in unmittelbarer Nähe zum alten Standort der Beton-Skatepark zwischen Baabe und Sellin.
Rügen Rollt! 2019
Skateboard-Fest & Contest auf der Insel
Mit einem adäquaten Skatepark im Rücken, gewannen zur gleichen Zeit auch die alljährlichen Contests auf der Insel an Attraktivität. Stets reiste eine Crew um Lennie Burmeister (seinerzeit „Entdecker“ der Insel) aus Berlin an und Skater aus Mecklenburg-Vorpommern mussten keine Weltreise mehr auf sich nehmen, um mal ein bisschen Contest-Luft zu schnuppern. Was den Wettbewerb auf Rügen jedoch auszeichnet, ist nicht nur die entlegene (Strand-) Lage, sondern vor allem das Format – hier geht es nicht um Gewinner, sondern einzig um den Spaß am Skateboarding und ein freundschaftliches Zusammenkommen.
„Eigentlich hatten wir gedacht, dass wir Ordner oder so brauchen, aber es ist echt schön zu sehen, wie ordentlich und gesittet sich hier alle ihren Platz zum Campen suchen“, waren die Worte, mit denen mich Thomas Woller am Freitagabend begrüßte. Soeben hatten wir die 600km weite Anfahrt von Münster via Bremen auf die Insel hinter uns gebracht und den Van zwischen zahlreichen anderen Fahrzeugen und Zelten geparkt. Ich schaute mich um und hatte nicht das Gefühl, auf einem Contest zu sein. Vielmehr beschlich mich das Empfinden, einer Klassenfahrt oder einem Festival beizuwohnen. Überall traf man alte Bekannte und an jeder Ecke wurde gegrillt und Bier getrunken. Ohne Umschweife kann man sagen: Die Stimmung war perfekt!
Perfektioniert wurde sie dann jedoch durch Roy, einen Local, den mir Christoph Eder vorstellte. Roy wohnt 5 Minuten vom Skatepark entfernt und bot an, dass wir bei ihm duschen könnten. Dieses Angebot nahmen wir in größter Dankbarkeit an und kamen so erneut in den Genuss der außergewöhnlichen Gastfreundschaft eines Rügener Locals – DANKE Roy, ohne Dich wäre das alles nicht so geil geworden, wie es schlussendlich war!
Dank einiger Baustrahler und einer „wir skaten eh die ganze Nacht durch“ Attitüde startete um etwa 22 Uhr nochmals eine kleine Freitag-Nacht-Session, bei der erst das Curb angezündet und danach das Rail ein wenig bearbeitet wurde. Danach ging es in die Zelte oder in unserem Fall den Titus Pro-Ace Van, der sich mit ausgebauten Bänken wirklich hervorragend zu einem Campingwagen umfunktionieren ließ. Um 10 Uhr morgens weckten uns die Sonnenstahlen und verrieten unmissverständlich: „Heute wird es heiß“!
Wie schon eingangs erwähnt, findet der Contest auf Rügen nicht in einem gewohnten Format statt. Zwar gab es auch eine „Runs“-Session, aber primär war der Event von Staffellauf (gar nicht so einfach, sich die Strecke zu merken), Best Trick und einem „American Gladiators“ mässigen „Last Man Standing“ Battle geprägt. Hier gab es einige verdammt witzige Zweikämpfe zu bestaunen und egal, wie verbissen mancher „Fight“ während des Wettbewerbs zum Teil aussah, war er vorbei, schüttelte man sich lachend die Hände. So muss das sein und als das Contest-Geschehen um etwa 19 Uhr vorbei war, ging es für die Meisten erstmal an den Strand für ein abkühlendes Bad in der Ostsee. Das war herrlich und es ließ sich nur schwer leugnen, dass an dieser Stelle wahres Urlaubsfeeling eintrat!
Als letzten „Programmpunkt“ des diesjährigen Contests wurde um halb 11 dann noch der „Stroh-Flamingo“ unterhalb der Hip angezündet, und Gino und Florian gaben sich eine kleine Flugsession bis der Varial Tailgrab gestanden und der Vogel abgebrannt war. Es folge eine massive Chill-Session, bei der sich besonders Gino „isolierte“. Irgendwann fielen alle todmüde in die Schlafsäcke und mich beschlich das Gefühl, dass der eintägige Contest eigentlich drei Tage gedauert hatte.
Am nächsten Morgen traten wir die Heimreise an, allerdings nicht ohne noch ein paar Streetspots abzuchecken. Jan Hellwig fand das Up-Rail in Sassnitz dann zum Glück noch ziemlich attraktiv und grindete einige 50/50 Pop Outs über die runde Stange. Danach hieß es dann wirklich „ab nach Hause“ und nach 9 Stunden Fahrt erreichten wir wieder das heimatliche Münster. Danke an alle Rüganer für die Gastfreundschaft, die tolle Contest-Orga und meiner deutschen Lieblingsinsel – nächstes Jahr sind wir definitiv wieder am Start!